Programmakzent "Komm, lieb dich!"

Jedidah-Isabel Annor und Gisa Flake über Selbstakzeptanz und Bodyshaming

Premiere bei KiKA: Im Rahmen des Programmakzents "Komm, lieb dich!" zeigen wir zum ersten Mal das Pop-Rap-Musical „Juli tanzt“. Passend zum Programmakzent ermutigt der Film, sich selbst und andere so zu lieben und anzunehmen, wie sie sind. Was die Schauspielerinnen Jedidah-Isabel Annor und Gisa Flake über das Thema Selbstakzeptanz denken, erfahrt ihr hier.

Interview mit Jedidah-Isabel Annor (Juli) nach oben

Jedidah-Isabel Annor spielt die 15-jährige Juli, die für ihr Leben gern Hip-Hop tanzt. Ihre Leidenschaft fürs Tanzen, lässt sich Juli auch durch negative Kommentare zu ihrem Aussehen nicht verderben. Paul aus der Oberstufe versucht immer wieder, sie zu provozieren. Als ausgerechnet sein Bruder Micky Juli anspricht, ist sie skeptisch. Er, ein schulbekannter Rapper, möchte ausgerechnet sie als Tänzerin für ein Video gewinnen, in dem er für seine heimliche Liebe rappen will...

„Wir haben eine falsche Vorstellung davon, wie ein idealer Körper aussehen soll. Vor allem in den Zeiten der sozialen Medien ist es schwer, sich nicht mit anderen Menschen zu vergleichen.“

Jedidah-Isabel Annor

Jedidah-Isabel Annor: "Zu Beginn wusste ich relativ wenig über den Film. Ich wusste nur, dass er von Body Positivity handelt und man eine Tänzerin sucht. Was mich dazu bewegt hat mitzumachen, war auf jeden Fall der Faktor, dass ich anderen jungen Menschen helfen kann.

Ich glaube, dass man sich gegenüber immer sehr hart ist und sich sehr hohe Standards setzt. Vor allem, was das Selbstbild angeht. Ich selbst weiß, wie es sich anfühlt, wenn man nicht so empathisch mit sich umgeht und vor allem nicht schätzt, was der Körper leistet. Wenn man so etwas Wichtiges mit seiner Leidenschaft verbinden kann, gibt es keinen Grund, nein zu sagen."

Jedidah-Isabel Annor: "Es gibt so viele Sachen, die man nur schwer in Worte fassen kann. Dann ist Musik eine gute Hilfe, um diese Gefühle zu vermitteln. Dadurch, dass es auch um Körpergefühl und Image geht, passt das Musical-Genre perfekt. Es zeigt den Zuschauern genau, wie selbstsicher Juli sich fühlt, wenn sie in ihrem Element ist. Es war eine große Hilfe, um ihre Fröhlichkeit und energiegeladene Seite zu zeigen. Aber auch ihre verletzliche Seite wird sehr spürbar, wenn die Musik erklingt."

Jedidah-Isabel Annor: "Wir haben eine falsche Vorstellung davon, wie ein idealer Körper aussehen soll. Vor allem in den Zeiten der sozialen Medien ist es schwer, sich nicht mit anderen Menschen zu vergleichen. Der Film zeigt den Zuschauern, egal wie alt sie sein mögen, dass man niemanden in eine Schublade stecken kann. Es ist auch wichtig den Jüngeren zu zeigen, dass es nicht den einen richtigen Weg gibt. Da hilft der Film sehr. Er zeigt Problematiken auf verschiedenen Ebenen auf, mit denen jeder sicher schon in irgendeiner Form in Berührung gekommen ist."

Interview mit Gisa Flake (Maras Mutter) nach oben

Gisa Flake spielt in "Juli tanzt" die Mutter von Mara, Julis bester Freundin. Mara ist unzufrieden mit ihrer Nase und wünscht sich eine OP, doch ihre Mutter ist dagegen.

"Fatshaming ist in dieser Gesellschaft so legitimiert, dass es die wenigsten mitbekommen. Das hat natürlich massive Auswirkungen gerade auch auf jüngere Menschen, die noch mehr auf der Suche nach sich selbst sind und ihren Platz in der Gesellschaft suchen."

Gisa Flake

Gisa Flake: "Ich war vom Projekt begeistert. Ein so positives, lebensfreudiges, nicht problematisiertes Auseinandersetzen mit dem eigenen Körper habe ich in dieser Form als Film in Deutschland noch nicht erlebt. Und schon gar nicht als Musical!

An der Rolle als Mutter hat mich die emotionale Nähe zur eigenen Tochter am meisten gereizt. Es ist kein einfaches, schwarz-weiß gezeichnetes Bild, auf der einen Seite die zickige Tochter und da die böse Mutter. Die Beiden sind sich nah, haben eine gemeinsame Sprache und trotzdem ist da diese Irritation, wie weit die eigene Tochter gehen würde, um einem Schönheitsideal zu entsprechen."

Gisa Flake: "Als Plus-Size-Schauspielerin vor der Kamera bin ich bei 99 Prozent aller Dreharbeiten mit dem Thema konfrontiert. In dem ich entweder wesentlich älter besetzt werde, als ich bin, oder jedes Klischee erfüllen muss, was sich auch viele Medienschaffende unter dicken Frauen vorstellen: einsam, faul, dauerfressend, unsportlich, aggressiv, auf der Verliererseite stehend.

Mein Credo ist aber immer: Ich will nicht, dass dieses Bild so bleibt. Und ich will nicht, dass das zwölfjährige Plus-Size-Mädchen auf dem Schulhof am nächsten Tag mit den gleichen Worten beleidigt wird, wie meine Figur im Fernsehen und sie sich nicht wehren kann. Deshalb versuche ich, in meiner Arbeit ein bisschen dagegen zu arbeiten, indem ich mich zum Beispiel extra sportlich zeige, bei Beleidigungen das letzte Wort behalte oder eben besonders diskriminierende Rollen ablehne. Aber das Wichtigste ist: Ich will Bewusstsein schaffen.

Denn besonders Fatshaming ist in dieser Gesellschaft so legitimiert, dass es die wenigsten mitbekommen. Das hat natürlich massive Auswirkungen gerade auch auf jüngere Menschen, die noch mehr auf der Suche nach sich selbst sind und ihren Platz in der Gesellschaft suchen. Deshalb müssen wir es thematisieren. Zeigen, was für eine Lebensfreude, was für ein Potential und was für eine Schönheit in dicken (aber auch dünnen, großen, kleinen … allen!) jungen Menschen steckt. Vielleicht schafft ja "Juli tanzt" genau das. Ich würde es mir sehr wünschen."

Gisa Flake: "Als würden junge Menschen auf 37-jährige Schauspielerinnen hören … Na gut, also falls es nicht zu cheesy ist: Irgendwann wirst du Menschen treffen, die dich sehen. Aber das kann dauern. In der Zwischenzeit werden eine ganze Menge Idioten dir erklären, wer du angeblich bist. Aber es gibt nur eine Person, die darüber bestimmt. Exakt. Du selbst."

Stand: Tue Jun 06 11:44:28 CEST 2023 Uhr