Wenn Kinder nicht Zähne putzen wollen: Tipps für Eltern

Mutter: Karolina. Mund auf. Letzte Chance oder die Geschichte ist gestrichen.

Dr. Martina Stotz: Kinder spüren ganz genau, in welcher emotionalen Verfassung Eltern sind, wenn es zum Zähneputzen geht oder auch, wenn es zu anderen unangenehmen Themen geht.

Karolina: Mama ist immer gar nicht lustig beim Zähne putzen.

Dr. Martina Stotz: Hallo, ich bin Martina Stolz, promovierte Pädagogin und Erziehungsberaterin und ich durfte bei der Entwicklung der Kinderserie “Stark mit Fidi” als Skriptberaterin mitwirken. In jeder Folge kommt es zu einem Konflikt, der typisch ist für Familien mit Kindern zwischen drei und sechs Jahren.

Mutter: Komm da bitte raus Karolina, ich will deine Zähne putzen.

Karolina: Ich will selber putzen!

Mutter: Okay, aber ich putze nach.

Karolina: Ich sehe lustig aus.

Mutter: Zähne putzen!

Karolina: Plitsch platsch. Ui, schön kalt.

Mutter: Karolina, hör jetzt auf. Putz jetzt deine Zähne!

Karolina: Mach ich doch. Fertig!

Mutter: Nein. Du bist noch nicht fertig. Komm, lass mich nachputzen.

Dr. Martina Stotz: Ganz offensichtlich ist Karolinas Mutter schon richtig gestresst und genervt, weil ihr ist es ganz wichtig, dass Karolina ihre Zähne putzt, weil die Gesundheit ihrer Tochter ihr sehr am Herzen liegt. Das heißt, sie hat ein ganz großes Bedürfnis, nämlich diese Fürsorge für ihre Tochter, die körperliche Gesundheit. Und Karolina selbst, die erfüllt sich auch ein Bedürfnis, nämlich das Bedürfnis nach Spielen und Spaß haben und die sucht auch die Verbindung zu ihrer Mutter.
Das klappt nicht so richtig, weil ihre Mutter eben auch schon so angespannt und gestresst und sehr, sehr ernst ist. Das heißt, das Bedürfnis von Karolina wird überhaupt nicht erfüllt und dadurch werden die Zähne erst recht nicht geputzt. Das heißt, es entsteht ein Machtkampf. Die Mutter übt Druck aus und Karolina reagiert natürlich mit Gegendruck.

Mutter: Karolina, Mund auf. Letzte Chance oder die Geschichte ist gestrichen.

Karolina: Aua, du tust mir weh!

Mutter: Komm sofort zurück!

Karolina: Alle sind doof, Fidi.

Fidi: Hallo Karolina!

Karolina: Hallo Fidi!

Fidi: Wieso ist denn alles doof?

Karolina: Mama ist sauer und sie sagt, wir lesen heute keine Geschichte mehr.

Fidi: Was? Das ist ja wirklich fiditionell doof.

Dr. Martina Stotz: Fidi schafft es wie immer, Karolina ganz viel Empathie zu schenken. Sie hört ihr erstmal aufmerksam zu, erkennt, wie sich Karolina fühlt. Karolina ist nämlich traurig und vielleicht auch wütend. Und genau diesen Gefühlen gibt Fidi wie immer Raum. Und Karolina fühlt sich von Fidi überhaupt nicht verurteilt, sondern einfach mit ihren Gefühlen angenommen. Sie darf das alles zeigen und rauslassen.
Dann nutzt Fidi wieder die Strategie, dass sie selbst erzählt, wie langweilig sie Zähneputzen findet und auch, dass es ihr selbst auch weh tut, wenn man da so rum schrubbt an den Zähnen. Das heißt, auch da fühlt sich Karolina richtig verstanden.

Fidi: Meine Mama und Papa wollen auch immer meine Zähne putzen und dann dauert das immer so lange, bis die fertig sind. Und ich muss die ganze Zeit den Mund offen halten, so: „Ahhhh“.  Ja, manchmal tut’s auch weh.

Dr. Martina Stotz: Damit sich Karolina noch mehr verstanden fühlt, gibt es auch wieder eine Fantasie-Geschichte. Fidi überlegt gemeinsam mit Karolina, was sie denn tun könnten, damit das Zähneputzen nicht mehr so langweilig ist und vor allem auch nicht so unangenehm. Und deswegen überlegen sie sich, Forscherinnen zu sein, die einen Zahnputzsaft entwickeln, der automatisch die Zähne putzt. Ohne Zahnbürste.

Karolina: Zum Beispiel, einen leckeren Zahnputzsaft. Mit Erdbeergeschmack!

Fidi: Und für mich mit Mottengeschmack!

Dr. Martina Stotz: Nach der Fantasie-Geschichte wird beiden klar, es ist natürlich unrealistisch mit einem Zahnputzsaft die Zähne zu putzen und sie versuchen, eine Lösung zu finden. Und dann kommen sie auf die Idee, dass Zähneputzen eigentlich mehr Spaß machen sollte. Also das Bedürfnis von Karolina ist eigentlich Leichtigkeit, Spaß, Verbindung auch zur Mama. Und sie überlegen sich dann, wie Zähneputzen auch mehr Spaß machen könnte. Vielleicht können wir ja trotzdem etwas finden, mit dem das Zähneputzen mehr Spaß macht.

Karolina: Spielen macht Spaß.

Fidi: Ja! Oder tanzen!

Karolina: Ja, Musik macht Spaß.

Fidi: Und verkleiden.

Karolina: Und Grimassen.

Dr. Martina Stotz: Diese Strategien geht dann auch Karolina gemeinsam mit ihrer Mama noch mal durch und so wird eigentlich klar, dass Karolinas Bedürfnis Spiel und Spaß ist, Verbindung auch zur Mama während des Zähneputzen. Es muss nicht immer dieses Bedürfnis sein. Oft ist es auch so, dass Kinder ein großes Autonomiebedürfnis haben und zum Beispiel zwischen zwei Zahnbürsten entscheiden möchten. Und ich mache da auch gerne immer eine Einfühlübung mit Eltern, wie es andersrum wäre, wenn man selbst den Mund aufmacht und sich die Zähne putzen lassen muss. Das ist einfach unangenehm. Da entsteht oft so ein Gefühl von Ohnmacht und deswegen brauchen Kinder beim Zähneputzen viel Verbindung, Leichtigkeit und eben manchmal auch Autonomie. Je nachdem, was gerade dahintersteht.

Musik: Aus der Tube Zahnpasta mit und ohne Streifen.

Karolina: Mit Fidi, Musik und Grimassen ist Zähneputzen richtig lustig.

Dr. Martina Stotz: Jetzt denken sich vielleicht manche Eltern “Ja, das würde bei mir nie funktionieren.” Und das hängt tatsächlich oft auch damit zusammen, dass Eltern schon in so einer wahnsinnig angespannten Haltung sinwenn sie nur an das Thema Zähneputzen denken. Das heißt, Kinder spüren ganz genau, in welcher emotionalen Verfassung Eltern sind, wenn es zum Zähneputzen geht oder auch, wenn es zu anderen unangenehmen Themen geht. Und deswegen ist es so wichtig, dass Eltern sich auch erst mal vor dem Zähneputzen selbst regulieren. Vielleicht noch mal ein Glas Wasser trinken, sich gut drauf vorbereiten, erst mal runterfahren, damit sie dann für die Kinder da sein können und wirklich in Verbindung mit dem Kind gehen. Und das heißt auch gar nicht, dass jetzt immer getanzt werden soll beim Zähneputzen. Das war jetzt in dem Fall eine Strategie, die geholfen hat, sondern es geht um diese Verbindung, die entsteht und da könnt ihr natürlich kreativ sein.
Es muss nicht das Tanzen sein. Das kann vielleicht auch sein, dass dein Kind bei dir auf dem Schoß die Zähne putzt oder dein Kind dir die Zähne erst putzen darf. Also werdet da gerne kreativ.
Weil oft denken auch Eltern “Wir haben eh schon alles probiert.” Nur ich sag euch, es ist da noch Luft nach oben, ihr dürft noch andere Sachen probieren. Und ganz entscheidend ist: Wie geht es dir währenddessen? Also versuch dich zu beruhigen und mit einer Klarheit in die Situation zu gehen.

Karolina: Und eine Geschichte gab es dann auch noch.

Dr. Martina Stotz: Diese und noch weitere Folgen von “Stark mit Fidi” findet ihr ab sofort auf kikakinchen.de.

Dr. Martina Stotz: "Viele Kinder wollen selbst entscheiden. Das heißt, sie brauchen Autonomie: Welche Zahnbürste, welcher Ort, wie die Zähne geputzt werden. Fest steht: Die Zähne werden geputzt."

Dr. Martina Stotz: "Kinder brauchen ganz viel Verbindung und Nähe zu ihren Eltern. Manchmal auch viel Leichtigkeit, um mitmachen zu können."

Dr. Martina Stotz: "Kinder brauchen ruhige und entspannte Eltern in diesem Moment. Das heißt, Eltern dürfen sich erst mal gut vorbereiten, bevor es zum Zähneputzen geht."

Dr. Martina Stotz: "Achtet beim Zähneputzen unbedingt auf liebevolle Gedanken eurem Kind gegenüber. So kommt ihr leichter mit eurem Kind in Verbindung."