Medienerziehung
Umgang mit digitalen Medien
Die Nutzung digitaler Kommunikations- und Unterhaltungsmedien gehört für Kinder und Jugendliche heute zum Lebensalltag, sie wachsen selbstverständlich mit Computer und Internet, Smartphone und Tablet sowie Computerspielen auf. Wie kann ein gesunder Umgang mit digitalen Medien gelingen?
Begleiter im Alltag nach oben
Bei der Betrachtung der Mediennutzung von Kindern spielt das Mediennutzungsverhalten der Eltern und das zuhause verfügbare Medienangebot eine wichtige Rolle. Kinder wachsen heute mit einem sehr breiten Medienrepertoire auf. In praktisch allen Familien sind Fernseher, Internetzugang, Computer, Tablet und Handy oder Smartrphone vorhanden. Die permanente Verfügbarkeit stellt Kinder und Eltern vor eine große Herausforderung. Digitale Medien sind zum ständigen Begleiter im Alltag von Familien geworden. Ob gemeinsam oder alleine – mobile Medien werden von der ganzen Familie genutzt. Zusammen mit inzwischen überall verfügbaren Internt haben sich die Möglichkeiten der Kommunikation deutlich verändert. Die sogenannten "Digital Natives" integrieren diese Nutzungsmöglichkeiten ganz selbstverständlich in ihren persönlichen Alltag.
Generation Smartphone nach oben
Während Tablets oder Computer zu Familiengeräten geworden sind, werden Smartphones eher individualisiert genutzt. Eltern und Jugendliche haben ein eigenes Gerät und teilen dieses nicht mit anderen Familienmitgliedern.
Ab einem Altern von etwa vier Jahren nimmt das Interesse der Jüngsten an digitalen Medien kontinuierlich zu. Bis zum 6. Lebensjahr sind es bereits 40 Prozent der Kinder, die ein Smartphone nutzen dürfen. Sie können vorrangig damit spielen, Videos anschauen oder Musik hören.
50% der 6- bis 13-Jährigen haben ein eigenes Mobiltelefon, 39 Prozent besitzen bereits ein eigenes Smartphone. Im Altersverlauf nimmt der persönliche Smartphone-Besitz der Kinder deutlich zu: Während bei den Sechs- bis Siebenjährigen nur acht Prozent ein eigenes Smartphone besitzen, sind es bei den Zwölf- bis 13-Jährigen bereits 70 Prozent. Oft ist es vorrangig die hilfreiche Kontroll- oder Ortungsfunktion, die Eltern veranlassen, den Wünschen ihrer Kinder nach einem eigenen Smartphone nachzugeben.
Unter Schulfreund*innen ist das Smartphone zum Statussymbol geworden. Wer dazu gehören möchte, braucht ein eigenes Gerät. Denn die Kommunikation untereinander findet oftmals nur über Apps wie zum Beispiel WhatsApp statt. Es werden Sprachnachrichten, Bilder, Videos, Sticker, GIFs und Emojis verschickt. Klassisch telefoniert wird unter Gleichaltrigen eher selten. Auch die Präsentation und Darstellung der eigenen Person in sozialen Medien spielt für Kinder und Jugendliche zunehmend eine immer größere Rolle. Und genau dafür braucht es ein eigenes Gerät, um autonom und unabhängig Inhalte zu erstellen und mit Freund*innen teilen zu können.
"Kommunikation ist auch für Kinder ein wichtiger Aspekt der Online-Nutzung. 70 Prozent der interneterfahrenen Kinder nutzen für die Kommunikation innerhalb der Schulklasse oder des Vereins WhatsApp-Nachrichten."
Eltern befürchten häufig, dass die intensive Nutzung digitaler Medien sogenannte analoge Offline-Akivitäten bei Kindern verdrängt. Die Ergebnisse verschiedener Studien zeichnen jedoch ein differenzierteres Bild: Digitale Medien sind zwar von zentraler Bedeutung im Alltag von Kindern, aber dennoch nicht das Wichtigste: Freund*innen treffen, etwas zusammen unternehmen und zu spielen ist für die Mehrheit der Kinder die beliebteste Aktivität. Auch draußen zu spielen ist bei Kindern bis acht Jahren mit 44% deutlich beliebter als die Nutzung digitaler Medien mit 21%.
Risiken und Gefahren nach oben
Die Vor- und Nachteile digitaler Medien und des Internets für Kinder sind häufig Gegenstand kontroverser Debatten. Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung kann ein frühzeitiges Heranführen von Kindern an digitale Medien einen reflektierten und kritischen Umgang mit diesen fördern. Bei aller Begeisterung für digitale Medien und das Internet dürfen die Gefahren und Risiken jedoch nicht unterschätzt werden. Hier ist Aufklärung und Beratung von Kindern und Eltern essentiell.
"Bei der Internetnutzung kommen Kinder auch mit ungeeigneten Inhalten in Kontakt. [...] Zum Schutz der Kinder vor ungeeigneten Inhalten gibt es verschiedenste technische Möglichkeiten."
Medienabhängigkeit bei Kindern und Jugendlichen nach oben
Digitale Medien üben eine starke Anziehungskraft auf Kinder und Jugendliche aus. Eine immer frühere, intensive Beschäftigung mit digitalen Medien wirkt sich zunehmend begünstigend auf das Suchtpotential aus. Selten kommt es zur exzessiven Nutzung der Medien. Die problematische Nutzung digitaler Medien ist bei Jugendlichen gestiegen. Jugendliche verbringen durchschnittlich 2,41 Stunden online.
Besonders digitale Spiele haben bei Kindern einen großen Stellenwert. Ob Computer, Konsole, online, Tablet oder Smartphone – zwei Drittel der Kinder zählen zu den regelmäßigen Spielern (mind. einmal pro Woche). Jungen sind dabei etwas affiner als Mädchen. Die Faszination für digitales Spielen wächst mit zunehmendem Alter der Kinder.
Der Begriff Mediensucht umfasst ein breites Spektrum. Es bezieht sich auf verschiedene Teilbereiche des Medienkonsums wie zum Beispiel der Spielsucht, der Internetsucht aber auch permanentes Chatten oder übermäßiger Fernsehkonsum.
Dabei gilt es jedoch, genau hinzusehen. Um von einer Mediensucht bei Kindern sprechen zu können, bedarf es mehr als die übermäßige Nutzung des Computers, der Konsole, des Tablets oder des Smartphones. Die Mediennutzungszeit ist nicht allein das entscheidende Indiz für eine Medienabhängigkeit. Es kommt darauf an, wie und welche Inhalte vom Kind genutzt werden, ob es das Interesse für andere Aktivitäten verliert und sich das Leben nur noch virtuell abspielt. Es geht nicht darum, wie lange jemand Medien nutzt, sondern was er dort macht. Schaut das Kind 3 Stunden lang einfach nur fern oder nutzt es diese Zeit, um mit Medien kreativ zu werden, z.B. eigene Videos zu drehen? Die Mediennutzung sollte stets eine bewusste Entscheidung sein, das Kind sich nicht in den einzelnen Apps und Angeboten verlieren oder die Gedanken nur noch um den Medienkonsum kreisen. Von einer Abhängigkeit spricht man, wenn Kinder oder Jugendliche die Mediennutzung nicht mehr selbst kontrollieren und sich nicht aus eigener Kraft vom Medienkonsum lösen können. Von "Sucht" spricht man erst, wenn essentielle Teile des Lebens wie Schalfen, Essen, soziale Kontakte und Schule vernachlässigt werden. Dann benötigen sie Hilfe.
Aufklärung und Hilfe
Digital Detox
Die Mediennutzung sollte in einem gesunden Gleichgewicht zu anderen Freizeitaktivitäten stehen. Um den Medienkonsum zu relativieren, hilft auch ein Medienentzug: Digital Detox. Helft eurem Kind dabei. Verabredet zum Beispiel einen medienfreien Zeitraum und legt alle Medien zur Seite (auch die Eltern). Vielleicht bietet ein gemeinsamer Urlaub dafür die Gelegenheit. Nutzt die gewonnene Zeit für gemeinsame Aktivitäten und beobachtet, was sich verändert. Und vielleicht tut euch und eurem Kind die Medien-Abstinenz so gut, dass ihr einen regelmäßigen Verzicht oder eine Reduzierung des Medienkonsums in euren Alltag integriert.
Empfehlungen für Bildschirmzeiten nach oben
Wie viel Bildschirmzeit ist gut für mein Kind? Eine allgemeingültige Antwort gibt es nicht, denn jedes Kind ist anders. Oftmals wissen Eltern gar nicht, wie viel Zeit ihre Kinder mit digitalen Medien verbringen. Bei jüngeren Kindern lässt sich die Mediennutzung noch gut regulieren und beobachten. Aber wenn Kinder und Jugendliche zunehmend selbstäniger werden und auch viel Zeit mit Freund*innen verbringen, fehlt oftmals die Kontrolle. Oft liegen die gefühlte und die tatsächliche Medienzeit weit auseinander. Ein Blick in die Einstellungen der Bildschirmzeit lohnt und kann heilsam sein oder Eltern und Kindern den Anlass für ein gemeinsames Gespräch über Medien und ihre Nutzung geben.
Ihr als Eltern kennt euer Kind am besten und könnt einschätzen, welche Inhalte geeignet sind und wie viel Medienzeit eurem Kind gut tut. Dennoch können die nachstehenden Empfehlungen nur einen Impuls geben. Egal wie viel Medienzeit – begleitet oder frei – ihr erlaubt: bleibt mit eurem Kind im Gespräch über die konsumierten Inhalte.
0 bis 2 Jahre | möglichst keine Bildschirmmedien, eher Bilderbücher, Hörspiele und Lieder. |
2 bis 3 Jahre | 5 bis 10 Minuten begleitete Bildschirmzeit, nur altersgerechte, ausgewählte Angebote |
4 bis 6 Jahre | maximal 30 Minuten begleitete Bildschirmzeit, nur altersgerechte, ausgewählte Angebote |
7 bis 10 Jahre | maximal 60 Minuten freie Bildschirmzeit, die Inhalte werden gemeinsam besprochen, Installation von Jugendschutz-Software, -Schutzfilter oder -App |
11 bis 13 Jahre | maximal 90 Minuten täglich oder 10 Stunden wöchentlich freie Bildschirmzeit, zu den Inhalten im Gespräch bleiben, Installation von Jugendschutz-Software, -Schutzfilter oder -App |
Tipps im Überblick nach oben
Die kompetente Nutzung digitaler Medien und der Umgang mit damit verbundenen Risiken ist eine der zentralen Entwicklungsaufgaben im Kindes- und Jugendalter. Kinder brauchen dabei Unterstützung. Begleitet euer Kind bei der Mediennutzung, zeigt Interesse für das, was euer Kind in der digitalen Welt erlebt und sucht das Gespräch. Die Medienerziehung ist und bleibt zentrale Aufgabe der Eltern.
- Ihr seid Vorreiter und Vorbild für euer Kind. Macht euch das bewusst und fragt euch, welchen Stellenwert digitale Medien für euch haben und wie ihr mit digitalen Medien und mobilen Geräten umgeht. Wie hoch ist eure tägliche Bildschirmzeit? Macht euch eure persönliche Einstellung bewusst.
- Besprecht den Medienkonsum mit eurem Kind und legt gemeinsam Mediennutzungsregeln und Mediennutzungszeiten fest. So lernt Stück für Stück auch euer Kind, die Geräte ausgewogen im Alltag zu integrieren. Unterzieht die verabredeten Mediennutzungsregeln und Bildschirmzeiten von Zeit zu Zeit einer Überprüfung und justiert ggf. nach.
- Vereinbart bewusst Medienpausen, in denen ihr gemeinsam auf digitale Medien verzichtet und unerreichbar für Störungen sein möchtet. Nehmt diese Zeiten ernst und praktiziert sie regemäßig in Form von gemeinsamen Essen, Familienausflügen oder ähnlichem.
- Greift zum Wecken auf einen Wecker zurück und erklärt das Kinderzimmer zur Schlafenszeit zur handyfreien Zone. So wird euer Kind gar nicht erst in Versuchung geführt, in der Nacht digitale Medien zu nutzen.
- Bereitet das jeweilige Tablet oder Smartphone gut vor, bevor es euer Kind benutzt! Sicherheitseinstellungen und Datenschutz sollten auf dem neuesten Stand sein. Installiert zum Schutz eures Kindes eine Jugendschutz-Software, -Schutzfilter oder -App auf dem jeweiligen Gerät und legt Zeitlimits für Apps und Spiele fest. Dennoch gilt: Keine technische Einstellung bietet hundertprozentigen Schutz!
- Begleitet die Mediennutzung eures Kindes. Klein- und Vorschulkinder sollten digitale Medien nicht alleine nutzen. Zu groß ist die Gefahr, dass sie auf ungeeignete Inhalte stoßen, die Angst machen.
- Bei älteren Kindern, die schon eigene Geräte besitzen, solltet ihr immer wieder interessiert nachfragen und auch Inhalte absprechen. Wenn ihr dabei einen kontrollierenden oder fordernden Ton vermeiden könnt, vergrößert das die Chance, dass sich die Heranwachsenden öffnen. So berichten die Kinder vielleicht regelmäßig von interessanten oder beängstigenden Begebenheiten.
- Probiert immer gemeinsam und mit Interesse neue Anwendungen, Funktionen oder Spiele aus. Oder lasst euch neue Funktionen von euren Heranwachsenden erklären. Nehmt gemeinsam die negativen Eindrücke und Gegebenheiten unter die Lupe.
- Nicht die Dauer der Mediennutzung ist entscheidend, sondern die Inhalte und Anwendungen, mit denen sich das Kind dort beschäftigt. Es macht einen Unterschied, ob ein Kind in seiner Mediennutzungzeit inhaltsleere Spiele spielt oder sich kreativ mit Mediengestaltung auseinandersetzt.
Linkempfehlungen
Kindersicheres Smartphone: internet-abc
Smartphones und Kinder: klicksafe.de
Smartphone und Tablet sicher nutzen: schau-hin.de
Mediensucht: schau-hin.de
Umgang mit Konsumverhalten: handysektor.de
Smartphone-Neuigkeiten für Pädagogen: handysektor.de
Quellen:
miniKIM-Studie 2014
KIM-Studie 2020
JIM-Studie 2021
Drogenaffinitätsstudie 2019 der BZgA
DIVSI U9-Studie: Kinder in der digitalen Welt, 2015
Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e.V. bag-jugendschutz.de